1 Groschen Oper

Liebe Leserin, lieber Leser


stolz setzt sie sich hin und sagt, dass sie nach der letzten Sitzung noch kurz auf der Toilette war und da sei bei ihr der Groschen gefallen!


Sie bezog sich dabei auf ein Gespräch, welches wir über Familienkonstellationen hatten. Bei ihr, vereinfacht gesagt, war sie die Verbündete – und wurde emotional ausgenutzt von – ihrer Mutter, im Kampf gegen den verhaltensauffälligen und unter aggressiven Impulsdurchbrüchen leidenden Vater. Er war der böse Vater und sie die arme Mutter. Es ging ein Riss durch die Familie und keiner der Erwachsenen zog Konsequenzen, die Familie blieb zusammen. Eine Trennung kam trotz Gewalttätigkeiten und Krawall sowie Demütigungen nicht in Frage. Sie litt als Kind und Jugendliche unter diesen Bedingungen, hat schon früh, im Alter von 17 Jahren das Elternhaus verlassen und später einen gewalttätigen Mann geheiratet. Aber das ist noch eine andere Geschichte…
Sie hat ihren Vater für bestimmte Verhaltensweisen verurteilt und sich emotional von ihm abgewendet. Er war immer nur ein negatives Vorbild für sie!

In Laufe der Behandlung gelingt es ihr zunehmend ihr eigenes Verhalten zu verstehen. Sie stellt fest, dass sie als Kind ihrer beiden Eltern auch Eigenschaften und Verhaltensweisen geerbt hat, die sie bei ihrem Vater schwer kritisiert und verurteilt hat. Ihre Ablehnung des Vaters führte auch zu einer Ablehnung dieser eigenen Anteile. Sie getraute sich nicht, diese Anteile zu zulassen und zu leben, hat sich selber dafür verurteilt, sich geschämt und sich selber deswegen abgelehnt. Sie versuchte diese Anteile mit anderem Verhalten zu überspielen. So war sie extrem harmoniebedürftig und immer zu Jedem hilfsbereit ohne auf eigene Bedürfnissen zu achten.
Es gelingt ihr zunehmend sich mit den vermeintlich hässlichen Anteilen zu versöhnen insbesondere in dem Wissen, dass sie anders damit umgeht – so ist sie manchmal etwas streitsüchtig aber sie wird nie Anderen durch aggressives Verhalten schaden oder durch Worte entwerten.


Letztendlich führt dieser Prozess nach einer Zeit der Ambivalenz zu eine Akzeptanz und Versöhnung mit sich selber und zu viel mehr Gelassenheit. Sie kann sich jetzt freier in ihrem Leben bewegen und mehr auf sich selber achten. Sie lernt langsam eine gesunde Form der Auseinandersetzung, lernt sich besser abzugrenzen, achtet mehr auf eigene Bedürfnisse.

Wenn Sie noch Fragen oder Anmerkungen haben melden Sie sich, ansonsten : Bis zum nächsten Beitrag meinerseits.


Herzlichst, Ihr Dolf Hage.

 

 

 

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