Schwesterchen für Brüderchen auf Reisen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie hatte sich angemeldet in der Praxis, kam aber nicht für sich selber sondern für ihren Bruder. Sie wohnte jetzt seit mehr als 3 Jahren in Berlin, arbeitete im IT-Bereich und kam aus Süd-Amerika, wo ihr Bruder immer noch lebt.
Sie berichtete über die lange Krankheitsgeschichte ihres Bruders, jetzt 33 Jahren alt. Im Alter von 15 Jahren sei er erstmal psychisch krank geworden und eine schizo-affektive Störung wurde diagnostiziert. Schizo-affektiv heißt, dass er sowohl Problemen hat mit Stimmungsschwankungen als auch unter psychotischen Beschwerden leidet wie zum Beispiel Trugwahrnehmungen und Wahngedanken.

Schwesterchen für Brüderchen auf Reisen

Ihr Bruder sei seitdem durchgehend krank. Es folgten viele stationäre ( Krankenhaus-) Behandlungen zum Teil dreimal im Jahr, die oft monatelang dauerten. Wenn er nicht im Krankenhaus war befand er sich in regelmäßige Behandlung bei einem Psychiater vor Ort. Er habe dann mit Mühe seinen Schulabschluss geschafft, ein Studium vorzeitig abgebrochen. Er habe noch einige Jahren als Musiker gearbeitet, sei aber in den letzten Jahren keiner Tätigkeit mehr nachgegangen. Er sei sehr unsicher und ängstlich, lebe bei seinem Vater, könne schlecht allein sein.
Sein Befinden sei sehr lange sehr instabil gewesen, mit vielen Krisen, es seien verschiedene Medikamenten verabreicht, ausprobiert worden. Jetzt nehme er seit gut 7 Jahren ein Medikament mit dem Wirkstoff Clozapin ( dieses Medikament heißt Leponex ) und damit habe er eine bestimmte Stabilität erreicht, war zumindest seit mehreren Jahren nicht mehr im Krankenhaus. Nur, und jetzt kommt das Problem, dieses Medikament ist momentan in dem Land indem er wohnt, nicht lieferbar. Es sei nicht zu bekommen und er brauche es dringend. Da sie ihre Familie demnächst besuchen will, wollte sie fragen ob ich ihr helfen könnte das Medikament zu bekommen, damit sie es für ihren Bruder mitnehmen kann.
Leider ist ist dies etwas was auch regelmäßig hier bei uns in Deutschland passiert: Bestimmte Medikamenten sind, ohne Vorankündigung, von heute auf morgen nicht mehr lieferbar. Wir stellen ein Rezept aus und die Apotheke ruft an, dass sie es nicht liefern können und nicht wissen, ob und wann es überhaupt das Medikament wieder gibt.
Und es betrifft verschiedene Medikamente, mal ein Schlafmittel oder ein Medikament gegen Depressionen, mal ein Medikament gegen aggressiv geprägte Verhaltensauffälligkeiten.
Für den Betroffenen ist das eine Katastrophe, weil die Patienten zum Teil über längere Zeiträume gut mit einer bestimmten Medikation eingestellt sind und wir dann andere Medikamenten ausprobieren müssen, so dass die Betroffenen Patienten manchmal wieder krank werden oder unter neuen Nebenwirkungen leiden.
Und interessanter Weise konnte mir bis jetzt niemand erklären, wie es zu diesen plötzlichen Versorgungsengpässen kommen kann.
Da dieses Medikament Clozapin kein Medikament ist welches missbraucht wird und sie die Leidensgeschichte ihres Bruders glaubhaft und emotional erzählte, habe ich ihr geholfen.
Wenn Sie noch Fragen oder Anmerkungen haben, melden Sie sich, ansonsten: Bis zum nächsten Beitrag meinerseits.
Herzlichst, Ihr Dolf Hage

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