Liebe Leserin, lieber Leser,
in unserer Praxis führen wir auch Begutachtungen durch. Eine medizinische Begutachtung bedeutet, dass der Arzt fachärztlich, bei uns psychiatrisch, eine bestimmte Fragestellung beurteilt.
Es gibt ganz unterschiedliche Gründe eine Begutachtung zu beantragen. Manchmal wird uns vom Sozial- oder Landessozialgericht der Auftrag erteilt, ein Gutachten zur Frage der Erwerbsfähigkeit oder deren Minderung zu erstellen oder zu prüfen, ob und in welche Höhe ein Grad der Behinderung vorliegt.
Auch führen wir Begutachtungen durch zu der Frage, ob jemand in der Lage ist einen freien Willen zu bilden und zu äußern, denn damit ist oft die Frage der Geschäftsfähigkeit verbunden. Und geschäftsfähig muss ein Mensch sein um z.B. ein Testament zu erstellen. Diese Gutachten werden oft von Privatpersonen in Auftrag gegeben.
Es muss z.B. auch bei der Behörde ein psychiatrisches Gutachten vorgelegt werden, wenn jemand eine Namensänderung beantragt. Im Gutachten muss dann dargelegt werden, inwieweit das weitere Tragen eines bestimmten Namens für den Betroffenen eine psychische Belastung darstellt, woraus psychische Beschwerden mit Krankheitswert entstehen.
Streitigkeiten zwischen Privatpersonen und Versicherungen bei Berufsunfähigkeit oder auch mit Krankenkassen wegen einer Arbeitsunfähigkeit oder Krankengeld machen psychiatrische
Begutachtungen notwendig .
Also ein Vielzahl von Unklarheiten, Streitigkeiten und Formalitäten können zur Notwendigkeit eines psychiatrischen Gutachtens führen.
Nun ist es gerade in der Psychiatrie schwierig bestimmte Befunden zu objektivieren. Hat jemand Herzbeschwerden, dann stehen viele technische Möglichkeiten zu Verfügung um einen Befund nachzuweisen.
Bei der psychiatrischen Untersuchung sind wir angewiesen auf frühere Berichten und Untersuchungsergebnisse, auf die Angaben der Betroffenen und seiner Betreuungspersonen, auf das Erheben des aktuellen psychopathologischen Befundes und es ist möglich einige Testverfahren einzusetzen. Wichtig ist immer dabei darauf zu achten, ob der Betroffener simuliert (also Beschwerden angibt, die er nicht hat) oder aggraviert (also etwas schlimmer darstellt als es eigentlich vorhanden ist).
Die psychiatrische Untersuchung dauert meistens 2 bis 3 Stunden und im Raum anwesend ist nur der Betroffene und der Psychiater.
Wichtig ist auch, dass der behandelnde Psychiater nicht seine eigenen Patienten begutachtet und dass keine privaten Verbindungen zwischen Gutachter und Betroffenem bestehen.
Es kommt durchaus vor, dass zwei Gutachter in der gleichen Angelegenheit zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Dann muss der Gutachter eventuell noch als Sachverständiger Zeuge bei Gericht erscheinen, um sich dort zu seinem Gutachten befragen zu lassen. Dies sind nicht immer erfreuliche Termine, da die verschiedenen Parteien im Gerichtsverfahren unterschiedliche Interessen haben und vertreten.
So musste ich letztens zum Sozialgericht nach München fahren. Eine Versicherung hatte ihrem Klienten die Berufsunfähigkeitsrente verweigert, ich hatte allerdings (als dritter Gutachter in dieser Angelegenheit) eine Berufsunfähigkeit bei dem Klienten festgestellt. Ich wurde im Gerichtssaal 1,5 Stunden von einem Rechtsanwalt und einem Arzt der Versicherung befragt!!
Wenn Sie noch Fragen oder Anmerkungen haben melden Sie sich, ansonsten,
bis zum nächster Beitrag meinerseits.
Herzlichst, Ihr Dolf Hage.